Sonntag, 30. März 2008

Land Steiermark im Kraftwerksrausch

WWF und Naturschutzbund protestieren gegen Genehmigung weiterer Wasserkraftwerke in den Murauen vor den Toren von Graz

Wien, Graz - Am 14. März hat das Land Steiermark Grünes Licht für zwei Wasserkraftwerke an der Mur in Gössendorf und Kalsdorf gegeben. Für die beiden Projekte südlich von Graz wurde ein positiver UVP-Bescheid erteilt. "Diesen  Kraftwerken eine Umweltverträglichkeit zu attestieren ist schlichtweg skandalös!", kritisiert WWF-Wasserexperte Arno Mohl. Die Murauen sind als eine der bedeutendsten Aulandschaften Österreichs unter Schutz gestellt und beherbergen eine einzigartige Artenvielfalt. "Die Steiermark forciert auf Biegen und Brechen die Zerstörung ihrer letzten ökologisch wertvollen Flüsse und Bäche" ist  Mohl entsetzt. WWF und Naturschutzbund appellieren an Landeshauptmann Voves, sich für den Schutz der wenigen verbliebenen Flussjuwele des Landes einzusetzen und dem unkontrollierten Kraftwerksboom einen Riegel vorzuschieben. Nur noch ein Bruchteil der steirischen Flüsse sind unversehrt, so die Naturschützer. Schon jetzt hat die Steiermark nach Tirol die höchste Dichte an Wasserkraftwerken in Österreich.

In den Murauen südlich von Graz bei Gössendorf und Kalsdorf plant die STEWEAG-STEG den Bau von zwei Wasserkraftwerken mit einer Gesamtleistung von rund 37 MW. Dazu muss die Mur auf einer Länge von rund 8 Kilometern aufgestaut werden. Die Stromproduktion der beiden Kraftwerke würde lediglich 0,26 Prozent des Gesamtstromverbrauchs Österreichs abdecken. "Diese marginale Stromausbeute könnte man durch Einsparungen und durch Effizienzsteigerung bestehender Wasserkraftanlagen in der Steiermark auch ohne Naturverlust problemlos abdecken", ist Markus Ehrenpaar vom Naturschutzbund Steiermark überzeugt.

Die Steiermark ist nach Tirol das Bundesland in Österreich mit der höchsten Dichte an Wasserkraftwerken. Der WWF hat Kenntnis von mehr als 40 aktuell geplanten Projekten. Etliche Kraftwerke sollen in Schutzgebieten, wie in den Natura 2000 Europaschutzgebieten an der Schwarzen Sulm, an der Oberen Mur bei Judenburg und St. Michael oder im Naturpark Sölktäler errichtet werden. "Die unheilvolle Allianz zwischen Kraftwerksbetreibern und Behördenvertretern auf der einen Seite und politische Versäumnisse auf der anderen Seite gefährden die letzten Flussparadiese der Steiermark", erklärt Mohl. Außerdem widerspricht dieser Ausbauboom klar den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die letzten wertvollen Fließgewässer zu schützen und zu erhalten. "Wir werden gegen den positiven Bescheid auf jeden Fall Einspruch erheben", gibt sich Ehrenpaar kämpferisch. "Die Europäische Kommission ist bereits eingeschaltet."

Die Murauen mit einer Gesamtfläche von rund 1400 Hektar sind Landschaftsschutzgebiet und Biogenetisches Reservat - ein Prädikat, das vom Europarat vergeben wird. Die ausgedehnten Auwälder beherbergen bedrohte Vogelarten wie Schwarz-, Grau-, Mittelspecht und Wespenbussard sowie seltene Käfer- und Schmetterlingsarten. Der Fluss und seine Augewässer sind zudem Überlebensraum für Fischotter, Eisvogel und eine einzigartige Fischfauna.

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